I´m a flame, you´re a fire I´m the dark in need of light.

Samstagfrüh, die aufgehende Sonne begleitet mich durch die noch ruhigen Straßen, auf dem gefrorenen Sattel sitzend, die kalte Luft einatmend, rieche ich es das erste Mal seit langem wieder: Hoffnung. Der Duft von frischen Brötchen gepaart mit etwas, was ich nicht beschreiben kann, vielleicht ist es der erste Tag, der den Frühling erahnen lässt, vielleicht auch einfach nur die klirrende Kälte die von der Sonne verdrängt wird und sich wehrt, vielleicht ist es Einbildung und alles nur in meinem Kopf, es ist mir völlig egal, denn es ist da und es lässt mich lächeln und diesen Moment in tiefen Zügen einatmen. 

Es ist nichts okay, mein Leben alles andere als perfekt gerade, doch in diesem Augenblick möchte ich die Augen schließen, die Sonne durch den roten Schleier genießen und glücklich sein. Von Innen heraus. Das mache ich dann auch, nur so kurz, dass ich mir mein Momentsglück nicht damit kaputt mache, mit voller Wucht gegen eine Laterne zu fahren, was so ein bisschen typisch wäre.

via flickr


Ich habe mich lange wirklich vermisst, tue es immernoch, weil ich noch lange nicht angekommen bin, wo ich hinmöchte, weil ich noch so viele schwere Brocken aus dem Weg räumen muss, bis ich endlich genau so sein kann, wie ich es mir immer erhofft habe. Wirklich positiv gedacht, so wie gerade, habe ich schon lange nicht mehr, obwohl die Umstände es verlangt hätten, habe mich nicht richtig gespürt und immer weniger Emotionen zugelassen, stattdessen an allem gezweifelt und so lange genagt, bis ich mir selbst auf den Knochen gebissen habe. Und mich schrecklich gehasst, für das, was ich leider nicht bin.

Zweifeln tue ich nun immernoch, aber mit dem Unterschied, dass ich mir dafür Zeit lassen kann. "Entscheiden ist qualvoll, wenn ich bedenke, dass ich dann womöglich so vieles verschenke." Zum Beispiel mich und die Chance darauf, etwas grundlegend zu verändern. Ich weiß endlich, wo mein Problem liegt, ich kann es benennen und ich kann es bearbeiten, aber ich brauche Zeit. Und das Gefühl, nichts anderes zu müssen, als für mich da zu sein. Nur mir selbst genügen und mit meinem Chaos nach und nach klar kommen. Schritt für Schritt. Und den Anfang habe ich gemacht, indem mir bewusst wurde, und das dieses Mal premierenhaft: Ich muss zuallererst mir selbst verzeihen, nein, ich DARF mir verzeihen. Alles was passiert ist, hatte einen Grund, auch wenn ich den vielleicht noch nicht sehe. Es war nichts ehrenhaft und ich werde es nie gut heißen oder darauf stolz sein können, aber ich verzeih mir. Denn ich bin der einzige Mensch, mit dem ich niemals auf Ewig auf Kriegfuß stehen kann. Ich kann nicht einfach mit mir Schluss machen aus lauter Wut und Hass, ich werde mich nicht los, wenn ich mich ignoriere oder aus meinem Leben streiche, ich muss klar kommen, sonst gehe ich unter. Irgendwann würde ich mich selbst zermalmen, vor lauter Selbstvorwürfen und Hass, würde verbittert auf Ewig mit 15 Katzen im Wald wohnen und niemand mehr in mein Leben lassen, der nicht vier Beine hat und Miaut. Eigentlich eine Traumvorstellung, aber ich weiß, da spricht nur wieder mein kleines masochistisches Teufelchen aus mir heraus, das mir die harte Bestrafung für meine Fehltritte wünscht. Ich habe gemerkt, wie weh das auf Dauer tut, wenn es immer wieder quält und dabei bin ich doch alles, was ich habe, alles, was mir nie jemand nehmen kann, das Einzige, was ich nie verlieren werde und woran ich mich festhalte kann. Klingt kitschig, klingt nach zu großem Ego, aber ist doch so. Es ist doch eine schöne Vorstellung, dass es etwas gibt, was einem niemand nehmen kann und dass man dieses Etwas dann nicht mit Messern bewirft, ist nur vernünftig, weil man sich dennoch tagtäglich selbst ins Gesicht schauen muss und es dann vielleicht besser ist, wenn man keinen Frankenstein sieht.

Ich akzeptiere es und hake es ab, jeden Tag aufs Neue, wenn es mir wieder hochkommt und ich zurückfallen möchte. Ich will weiter kommen, endlich den Kreislauf durchbrechen. Vor zwei Tagen habe ich die Dämme wieder brechen sehen, habe endlich wieder was gespürt und das tat so gut, zu spüren, dass ich doch nicht so erkaltet bin, wie gedacht. Der Zugang zu meinen Gefühlen ist zwar verschüttet, aber ich bin stark, ich übe weiterhin beim Getränkekistenschleppen und trage Stein für Stein ab, statt zu versuchen alles einfach wegzusprengen und am Ende tieferliegende Schichten zu beschädigen. Ich bin gespannt, was ich vorfinden werde, wenn ich es geschafft habe. Ich hoffe auf etwas ganz bestimmtes, das wirklich Wichtige, wovon ich genug weiß und was ich so sehr vermisse. Ich hoffe und hoffe und heute habe ich nochmal mehr Hoffnung eingeatmet, darauf, dass ich bald wieder so viel in mir finde, dass es droht überzulaufen und ich deshalb etwas abschöpfen und verschenken kann, weil glücklich sein und genießen zu zwei doch eigentlich so viel schöner ist. Die Sonne, die Luft und die frischen Brötchen am Samstagmorgen.

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