Cola Light.

Nein, wir denken nicht an Morgen / Nein, wir suchen keinen Sinn / Wir ertränken unsere Sorgen / Und wir gehen mit ihnen schwimmen

Ich vertraue. Viel zu schnell und meistens viel zu lange. Ich sehe die Grenzen nicht, hinter denen ich kritisch und hart sein sollte. Klassische Fehlhaltung, seit Ewigkeiten, kein Ende in Sicht.

Nichts liegt mir weniger, als rationales Denken und Handeln. Wenn sich etwas gut anfühlt, dann ist es erstmal richtig. Punkt. Auch wenn ich eigentlich weiß, dass ich falsch liege, höre ich doch immer wieder auf diese Stimme in mir. Wenn es sich JETZT gut anfühlt, dann ist doch egal, was vorher war und danach sein wird. Jetzt ist wichtig, immer und immer wieder sollte ich das verstehen und lernen. Aber wieso? wie kann JETZT richtig und wichtig sein, wenn dann das danach schmerzhaft und quälend ist? Wenn das nächste Jetzt alles andere als schön ist und man genau das schon vorher weiß, wieso soll man sich dann noch auf den Moment einlassen?

Es hat sich richtig angefühlt, in dem Moment. Weder davor noch danach und auch zwischendrin war es schwer die Realität auszublenden. Aber es hat mich für einen kurzen Augenblick glücklicher gemacht, als die ganze letzte Zeit, denn es hatte den Geschmack von „Wie es einmal war“ und nichts schmeckt so gut, wie schöne Erinnerungen. Und nichts so schlimm, wie Zigarettenküsse. Nichts. Absolut nichts ist schlimmer für mich. Doch selbst das scheint für einen kurzen Moment egal. 

Und wenig später merke ich plötzlich: er sieht mich nicht mehr. MICH. Nur noch das, was ich vorgebe zu sein, die perfekte Rolle eines Callgirls, das selbst zum Hörer greift. Weil es das ist, was die Männer wollen. Leichte, heiße Beute und das kurze Auflodern vergangener Leidenschaft. Scheinbar ist das etwas, das bleibt, wofür ich immer wieder bestens geeignet bin. Das verändert sich selten, das kann ich immer wieder sein. Ein bisschen nice to have aber nicht wert genug, um fest zu halten. Dadurch reduziere ich mich selbst auf etwas, was mir zwar in dem Moment etwas bringt - nämlich die Nähe die ich so unbedingt zu ihm will. Doch dass es mir auch etwas nimmt, nämlich meinen Selbstwert, das bemerke ich erst zu spät, erst dann, wenn ich in den Spiegel schaue und meine müden Augen sehe und mir bewusst wird: du bist lediglich das Ersatzprodukt.

Nicht mehr so gut wie das Original, aber günstiger zu haben. Für zwischendrin (und gegen den Druck) ganz nett, aber nichts, womit man sich für länger zufrieden geben möchte. Cola light hat halt doch nur halben Geschmack, das kommt davon wenn man Zucker mit Süßstoff ersetzt. 

Auch in anderen Schränken stehe ich gefühlt in der Ecke „kann man mal aufbrauchen, wenn nichts besseres da ist“, sozusagen die Notration, bevor es dann wirklich notwendig ist, zum Supermarkt zu laufen und das vertraute Markenprodukt wieder ins Haus zu holen.

Was gebe ich denn bitte in solchen Momenten? Wieso, frage ich mich ständig? Ist es das einerseits Vertraute und sogleich Neue, was reizt? Eine kleine Befriedigung dessen, was gerade fehlt? Was gerade mit dem Original nicht so läuft? Bestätigung? Einsamkeit? Der Alkohol? Triebe?  Stand gerade keine echte Cola mehr im Kühlregal? Oder bin es doch irgendwie auch ICH? Zweifelhaft. Es geht nie um mich, es geht immer um die momentanen Bedürfnisse des jeweiligen Herren, zu dessen Befriedigung ich mich scheinbar (und manchmal auch zweifelsohne) anbiete. Mit mir kann Mann es ja machen, ich hab ja keine Gefühle oder sowas, ICH doch nicht. Oder bin ich einfach nur selbst schuld, dass ich mich tatsächlich darauf herablasse? Mich nicht von vornherein für die richtige Position entscheide? Weil ich eigentlich doch weiß, wer ich bin und dass ich sowas nicht unterstützen möchte?

Ich würde ja auch niemals mehr fühlen, als ich sollte und mich auf gar keinen Fall in etwas reinsteigern. Ich bin die, mit dem immer kühlen Kopf. Und ich kann ja auch so wunderbar schnell und locker wieder vergessen.
Und deshalb werde ich mich nun auch auf gar keinen Fall hinlegen, zum 1039203. Mal diesen verfluchten Song hören und mich einfach nur zurück in diese eine Umarmung wünschen, in der zum ersten Mal in den letzten Monaten alles andere in mir endlich mal Ruhe gegeben hat, es mir einfach nur gut ging und alles andere egal war. Dankeschön hierfür, ist doch am schönsten, wenn man Dinge bekommt, um die man nie gebeten hat und dann merkt, mit ist doch besser als davor. Und wer hat jetzt das Schlamassel? Richtig.


Wir gehen erst nach Hause / Wenn wir wissen wo das ist / Ich will mich mit dir verlaufen / Irgendwo im Neonlicht.

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