see me run.

Ich bin tatsächlich hier, ich habe es geschafft. 18.000 km weit weg und scheinbar niemals weit genug. Ich versuche über was anderes zu schreiben, nachzudenken, die Eindrücke in mich aufzusaugen und keine dunklen Gedanken zuzulassen. 

Heute konnte ich ausgelassen sein, durch das Wasser rennen und einfach tun und lassen, was ich will. Doch am Ende des Tages kriecht es wieder in mich, die Erkenntnis, es ist noch da.

"Schreib doch mal richtige Geschichten, geh weg von dir und schreib etwas, was nichts mit deinen Gefühlen zu tun hat." Der Rat verfolgt mich, würde ich doch so gerne. Aber alles was mir durch den Kopf geht ist deine Abwesenheit. 

Die Straßen hier würden dir so gut gefallen. Aufregend, kurvig, außergewöhnliche Ausblicke. 26 Grad und plötzlich siehst du in der Ferne einen riesigen Berg auf dem noch Schnee liegt. Faszinierende Weiten, unendliche, leere Straßen. Du würdest es lieben, das weiß ich genau. Würdest so schnell fliegen wie es der Asphalt zulässt und ich würde daneben sitzen, die Hand aus dem Fenster in den Wind strecken und die Sonne genießen. Dich ab und an von der Seite beobachten, dein konzentrierter Blick, die entspannten Züge, ein Lächeln. Ich habe dir immer vertraut, egal wie schnell und egal wie unvernünftig du teilweise warst. In unserem Schlachtschiff konnte mir nichts passieren, unsinkbar und sicher. 

Das Meer würdest du genauso lieben wie ich, ohne Zweifel. Die unendliche Weite. Der Himmel ist hier blauer, als ich es je erlebt habe und das Meer schöner und kraftvoller als alles, was ich bisher gesehen habe. Du würdest es lieben, durch die Brandung zu laufen, würdest hineinspringen und wieder auftauchen, das Biberbaby, das nicht genug davon bekommen kann. Du hast den Blick für die kleinen Dinge, immer eine Hand am Auslöser, nimmst nicht die einfachen Wege sondern die interessanten, hast keine Angst aus der Reihe zu tanzen und ausgelassen zu sein. Hier könnten wir sein, wie wir wollen, am helllichten Tag verrückt sein und Dinge tun, die die Dunkelheit nicht verschlucken muss, da uns keiner sieht, da hier niemand ist - das größte und schönste Wohnzimmer der Welt und der Sand ist der Teppich auf dem wir Barfuß tanzen. 

Wir würden kaum einen Sonnenuntergang verpassen, würde schweigend an dich angelehnt sitzen und genießen. Stille. Weil wir schweigen konnten und dennoch nie was gefehlt hat, im Gegenteil. Ich könnte endlich wieder im Auto singen, wir würden uns wochenlang nur von Falafel ernähren und die Öllampe würde jeden Abend vor unserem Auto brennen.

"Bitte schreib ihm nicht." 2:1, ich habe verloren. Sie haben ja recht, aber ich würde immer noch so gerne an Wunder glauben. Glauben, dass sich nichts verändert hat, dass DU dich nicht verändert hast und dass wir immer noch die selben sind. Mein Herz immer noch aussetzt wenn du mich ansiehst und küsst. 

Ich muss damit aufhören, muss endlich richtige Geschichten schreiben und nicht immer wieder das gleiche Buch aufschlagen, über die Ränder hinaus schreiben weil sonst kein Platz mehr ist. Doch macht es die Ferne noch schwerer, als ich es je für möglich gehalten habe. Hier bin ich so weit weg vom Alltag und dadurch so nah dran an dem, was mich wirklich beschäftigt - und das bist immer noch du. Die ersten Tage waren besonders hart. Wir zu dritt, ich auf der Rückbank, der Platz neben mir leer. Alte Geschichten und Erinnerungen an Zeiten, die die beiden dazu machten, was sie jetzt sind und uns dazu, was wir nicht mehr sind. Sie haben es geschafft, mehr als das. Uns bleibt nichts, rein gar nichts. Stiche, die hässlicher nicht sein könnten.

Ich hab all die bösen Worte gesagt, um es endlich zu glauben. Schlussstriche zieht man nicht mit Bleistift sondern mit wasserfester Wandfarbe. In Schwarz. Ich habe alles losgelassen, was ich von dir hatte, deinen Pulli nochmal tagelang getragen und ihn zurück gelassen, das Buch beendet und es dem Schicksal überlassen, was du damit machst. 

Und dennoch komm ich mit einer Sache einfach nicht klar, komme einfach nicht darüber hinweg wie ich war, wenn ich bei dir war. Die beste Version meiner Selbst. 

Dass das ein Trugschluss ist, weiß ich eigentlich. Aber dennoch bleibt in manchen Momenten einfach nur der Schmerz und ich lasse ihn zu. So lange bis er schwächer wird, sag mir wann...


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